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Dramaturgie

Kompositionslehre für Autoren: Die Dramaturgie

Rein technisch gesehen ist die Dramaturgie die Lehre vom Aufbau und der Strukturierung von Texten, Filmen, Theaterstücken und anderen Werken. Was in der Theorie ziemlich trocken klingt, ist letztendlich die größte Herausforderung für jeden angehenden Schriftsteller. Dramaturgie ist das Herzstück der Erzählkunst. Ein Zeichen guter Dramaturgie ist, wenn der Leser ein Buch nicht mehr aus der Hand legen kann, wenn er spät in der Nacht noch ein weiteres Kapitel lesen muss.

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Natürlich ist die dramaturgische Struktur nicht alles, was einen guten Text ausmacht. Aber ohne sie ist alles nichts. Ganz gleich, ob es sich um das Erstlingswerk als Drehbuchautor oder um Fan Fiction handelt, die beste Story und die interessantesten Figuren sind verschenkte Liebesmüh, wenn der Spannungsbogen nicht stimmt. Umgekehrt kann sich eine eher unspektakuläre Geschichte durchaus als packende Lektüre erweisen, wenn die Dramaturgie stimmt.

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Lassen Sie den Text also einige Zeit liegen, bevor Sie einen zweiten Blick darauf werfen.

Dynamisches Erzählen

Um dramaturgisch das Beste aus seinen Texten heraus zu holen, lohnt es sich, das eigene Werk wie eine musikalische Komposition zu verstehen. Der Autor wird zum Orchestrator seiner Geschichte, zum Dirigenten seiner Figuren. Der grundlegende Handlungsstrang ist das Hauptmotiv der Komposition, also der Refrain oder die Hookline. Die Nebenstränge der Handlung haben entweder eine Begleitfunktion oder sie dienen als Überleitungen. Das ist hilfreich, um der eigentlichen Handlung und der Atmosphäre mehr Entfaltungsraum zu geben.

Das entscheidende Stichwort in diesem Zusammenhang lautet Dynamik. Ein dynamisches Musikstück hat laute und leise Passagen. Ein musikalischer Höhepunkt, wie der volle Einsatz des gesamten Orchesters, kommt nach ein paar ruhigen Takten erst wirklich zur Geltung. Das Gleiche gilt für eine Geschichte. Wenn die Handlung von der ersten bis zur letzten Seite auf Hochtouren läuft, bleibt für die wirklichen Höhepunkte kein Spielraum nach oben, um aus der Handlung heraus zu stechen.

Die Spannung kontinuierlich steigern

Auch wenn es einem als Autor in den Fingern juckt und man alle guten Ideen so schnell wie möglich in der Geschichte unterbringen möchte, sollte man sich und den Leser in Geduld üben. Spannung braucht Zeit, um sich aufzubauen. Ein langsames Erzähltempo gibt dem Leser Gelegenheit, sich in die Geschichte einzufühlen, eine Bindung mit den Charakteren aufzubauen und sich mit ihnen zu identifizieren. Die Kunst besteht darin, die Erwartungshaltung des Lesers zu steigern, kleine Hinweise zu geben, ohne allzu viel zu verraten.

Wer als Autor sein gesamtes Pulver zu Beginn des Textes verschießt, vergibt sich auch die Chance, die Spannung allmählich zu steigern. Vor allem unerfahrene Autoren fehlt beim Schreiben der objektive Blick für den Spannungsbogen ihrer Geschichte. Ja, es mag schwerfallen, den Text ein paar Tage liegen zu lassen, wenn man sich gerade im Schreibfluss befindet und sich die Geschichte quasi von alleine schreibt. Aber mit etwas Abstand erkennt man dramaturgische Lücken und Fehler im Spannungsbogen viel eher.

Lassen Sie den Text also einige Zeit liegen, bevor Sie einen zweiten Blick darauf werfen. Stellen Sie sich beim Lesen folgende Fragen: Ist der Text plausibel? Erscheint die Folge der Ereignisse logisch und nachvollziehbar? Und vor allem: Trägt jedes neue Ereignis dazu bei, die Spannung zu steigern? Ist jede neue Katastrophe größer als die vorhergehende, jede neue Gefahr noch bedrohlicher, jeder romantische Moment noch intensiver?

Überraschungseffekte richtig einbinden

So schön ein plausibler Handlungsverlauf auch sein mag, bei dem immer brav Ursache auf Wirkung folgt, irgendwann kommt der Punkt, an dem man als Autor seine Leser überraschen möchte. Unerwartete Wendungen lassen sich grob in zwei Kategorien aufteilen, die jeweils ihrer eigenen Dramaturgie folgen: die unerwartete Gefahr und die unerwartete Rettung. Die unerwartete Bedrohung bedarf keiner Ankündigung, um dem Leser plausibel zu erscheinen. Sie steigert die Spannung und schafft eine Erwartungshaltung beim Leser, die durch eine nachträgliche Aufklärung aufgelöst werden kann.

Die unerwartete Rettung des Protagonisten aus höchster Not sollte dagegen nicht völlig unvorbereitet erfolgen. Hier geht es ja darum, den Spannungsbogen aufzulösen. Da erwartet der Leser natürlich eine Erklärung, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem bisherigen Geschehen steht. Der Fachbegriff für diese Art der unerwarteten Wendung lautet Deus ex Machina, der Gott aus der Maschine. Ursprünglich war damit das Eingreifen einer durch Bühnenmaschinen dargestellten Gottheit in den Handlungsverlauf antiker Dramen gemeint.

Der allzu häufige und plumpe Einsatz eines Deus ex Machina wird häufig als eher lasche Dramaturgie empfunden. Mit ein paar erzählerischen Kunstgriffen kann aber selbst diesem alten Trick neues Leben eingehaucht werden. Man darf den rettenden weißen Ritter nur nicht völlig unangekündigt auf die Bühne stolpern lassen. Wenn der Protagonist in höchster Geldnot ist und plötzlich der reiche Erbonkel vor der Tür steht, wirkt es für den Leser plausibler, wenn dieser Erbonkel vorher schon mal erwähnt wurde. Das kann zum Beispiel in Form eines Running Gags geschehen, den der Leser zunächst gar nicht mit dem Handlungsverlauf in Verbindung bringt. Eine andere Möglichkeit ist es, einen Gefährten des Protagonisten erst aus der Handlung heraus zu schreiben, um ihn im entscheidenden Moment wieder auftauchen zu lassen. Auf diese Weise können sogar zwei Spannungsbögen auf einmal gelöst werden.

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